Tears in heaven


„Would you know my name if I saw you in heaven“


Das weiße Licht kommt näher, wird heller und einladender. So habe ich es mir vorgestellt zu sterben. Nur warum singt hier der Chor, in dem ich vor vielen Jahren Mitglied war? Und warum singen sie das Lied, das mir nicht aus dem Kopf ging, als mein Vater starb?


„Would it be the same if I saw you in heaven?“


Ich folge dem mit jedem Schritt lauter werdenden Gesang immer weiter ins Licht. Ich habe keine Angst, im Gegenteil. Plötzlich weiß ich, dass er auf mich warten wird, er, der mir so viele Jahre vorausgegangen ist.


„I must be strong and carry on“


Ich habe weitergekämpft und mein Leben ohne dich weiter gelebt. Wie oft habe ich mich gefragt, was du zu der einen oder nderen Entscheidung gesagt hättest oder was du mir raten würdest, gerade in den letzten schweren Monaten.


Und jetzt, ausgerechnet in dieser politisch katastrophalen Zeit, in der ich wieder meinen Kampfgeist auspacke wie in der Zeit, als wir uns knnenlernten. Der Kampf gegen Rassismus, Fremdenhass, Krieg, die Verfolgung von Homosexuellen, Kranken und Behinderten, drei Gruppen, zu denen ich inzwischen auch alle gehöre.


Seit vielen Jahren habe ich nicht mehr daran gedacht. Und dann kommt heute bei Facebook eine Erinnerung an einen Beitrag, in dem ich vor  Jahren schrieb, ich hätte unsere Freundschaft wegen unüberbrückbarer politischer Differenzen beendet.


Ist das wirklich passiert? Ich kann mich nicht mehr erinnern. Lange angehalten hat es aber nicht. Wir waren noch zwei Jahre so eng befreundet, wie in unserer gemeinsamen Schulzeit. Und wenn du nicht gestorben wärest, wären wir es wohl immer noch.


„Cause I know I don't belong here in heaven“


Das Singen wird immer leiser und das Licht immer schwächer. Ich kehre um und gehe den Weg zurück in mein Leben, das jetzt so anders ist. Ich weiß, du wartet irgendwo da drüben auf mich und wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist, werden wir uns wiedersehen und erkennen.


Dieser Text gehört zur Schreibaufgabe „Ein Paar mit völlig verschiedenen politischen Ansichten“ und bevor die Erinnerung be Facebook kam (das Einzige, was aus dieser Geschichte wirklich passiert ist) fiel mir zu dem Thema nicht wirklich etwas ein.


Lutz und ich sind nie in dem Sinne ein Paar gewesen. Hätte er seine politischen Ansichten schon gehabt, als wir uns kennenlernten, wären wir wohl nie Freunde geworden aber zerstört haben sie sie diese Beziehung auch nicht.