Die Kondolenz


„Geil von Ihnen, dass Sie mir eine Kondolenz genehmigen.“


William sah den Besucher irritiert an.


„Sie meinen wohl eine Audienz. Und die richtige Anrede ist...“


„Kondolenz – Audienz, ist doch alles das Gleiche. Auf jeden Fall nett von dir Onkelchen.“


„Ist Ihnen eigentlich klar, dass Sie mit Ihrem König sprechen?“


„Na klar Onkelchen. Aber mein Daddy hat mir erzählt, dass du früher auch ganz gut fluchen konntest.“


„Ich kann mich nicht erinnern, Ihnen das Du angeboten zu haben.“


„Wen interessiert's? Wir sind doch alle eine Familie.“


„Sie gehören mit Sicherheit nicht zur königlichen Familie! Solche abgerissenen Typen wie Sie haben wir hier nicht.“


„Aber klar doch, ich bin doch der Archie!“


Ungläubig sah sich William den jungen Mann zum ersten Mal genauer an. Eine gewisse Ähnlichkeit mit Harry war vorhanden, das musste er zugeben.  Am ähnlichsten sah er sogar dem Reitlehrer seiner Mutter, von dem immer behauptet wurde, dass er der wahre Vater seines Bruders sei.


„Was willst du?“


Die formlose Anrede war schneller heraus, als ihm lieb war. Archie, wenn er es denn war,grinste zufrieden.


„Tja, Daddy hat mir den Unterhalt gestrichen. Komisch, Irgendwie passt es ihm nicht, dass ich im dritten Anlauf wieder nicht den Bachedingsbums geschafft habe. Dabei lebt der seit Jahren nur von den Geldern, die ihm die Medien für Skandalgeschichten über mich zahlen.“


„Und was kann ich da tun? Mit ihm reden? Das kannst du vergessen, der hat noch nie auf mich gehört.“


„Ach, ich habe da auf dem Dachboden unserer Villa etwas gefunden.“


Aus seinem Rucksack zog Archie eine Diskette.


„Ja, ich weiß was das ist und wie man lesen kann, was darauf ist.“


Er fuchtelte mit dem Ding vor Williams Nase herum und hielt es ihm dann so hin, dass dieser die Aufschrift erkennen konnte. 'The crown prince, his beloved and me – die wahre Geschichte unserer Ehe'.


Es war eindeutig die Handschrift seiner Mutter. William versuchte, sich die Diskette zu greifen, aber Archie lachte nur.


„Versuch's gar nicht erst, das ist natürlich eine Kopie. Das Original ist sicher verwahrt. Nun Onkelchen, was meinst du, was die Presse für die schlüpfrigen Enthüllungen der Königin der Herzen zahlen wird?“


William konnte es sich nur zu gut vorstellen. Und auch wenn sein Vater schon sechs Monate zuvor im hohen Alter von 92 Jahren verstorben war und Camilla schon lange unter der Erde lag, der alte Skandal würde dem Königshaus massiv schaden.


„Was willst du für das Original? Was hat Harry dir denn geboten? Auch wenn er mit der Familie nichts mehr zu tun haben will, Ich kann mir nicht vorstellen, dass er Schande über unsere Mutter bringen will.““


„Daddy? Der hat damit nichts zu tun, der hält die Enthüllungen für sicher versteckt. Vermutlich weiß er nicht mal, was genau da drauf ist. Wer hat denn heute außer mir noch einen Computer mit Diskettenlaufwerk?“


„Also, was willst du?“


„Naja, ich habe da an der Uni so ein nettes Mädchen kennen gelernt. Sie liebt mich mindestens so sehr, wie ich sie, Das Problem ist nur, ihre Eltern haben etwas gegen die Verbindung“


William begann etwas zu ahnen. Was hatte Charlotte noch geschrieben, wie ihr neuer Freund hieß? Harrison? Charles hatte noch gelacht und gemeint, der wäre wohl nach irgendeinem Beatle benannt worden. Hatte er sich wirklich nicht an den Zweitnamen seines vierten Enkelkindes erinnert?


„Siehst du, der Groschen ist gefallen. Entweder du stimmst dieser Ehe zu oder ich gebe das an die Klatschpresse.“


„Und dann?“


„Ach, dann kriegen wir jeden Monat einen schönen Apachen, dafür,dass wir bei offiziellen Fotos nett in die Kamera lächeln, uns gut benehmen und die Klappe halten. Chalotte weiß übrigens auch Bescheid, es nützt also nichts, wenn du einen Auftragskiller auf mich ansetzt und deine einzige Tochter wirst du ja wohl nicht umbringen lassen.“


„Wie lange habe habe ich Zeit zu überlegen und mit meiner Frau zu sprechen?“


„Na sagen wir mal, mein Geld reicht noch für drei Übernachtungen in der Jugendherberge und eine Schachtel Zigaretten. Je schneller desto besser.


William hob den Hörer ab und rief das Hilton Hotel an. Alles was Archie wollte sollte er auf Kosten des Königshauses bekommen.


„Zufrieden?“


Archie applaudierte symbolisch. „Dann lass dir nur Zeit Onkelchen,“


Und wieder einmal ist das britische Königshaus vor dem Untergang gerettet worden. Noch sitzen die Raben im Tower und der neue König auf seinem Thron. Wer weiß, wann der nächste Skandal seine Schatten voraus wirft.